in Kooperation mit der Akademie der Diözese Rottenburg Stuttgart
und dem Zentrum für Regionalität und Schulgeschichte der PH Weingarten
In Weingarten, wo es 1525 zu einem Vergleich zwischen den Bauern und ihrem Widersacher, dem Hauptmann des Schwäbischen Bundes, Truchsess Georg von Waldburg, kam, erinnerte Prof. Dr. Andreas Schmauder, Leiter des Stadtarchivs und des Museums Humpis-Quartier in Ravensburg sowie Honorarprofessor an der Universität Tübingen, an die Ereignisse des Bauernkrieges von 1525, in welchem Oberschwaben einer der Hauptschauplätze war. Sein Vortrag stützte sich wesentlich auf die ausgezeichnete Darstellung des Abts Jakob Murer aus Weißenau, dank dessen Chronik die Ereignisse, Hauptakteure und Anliegen der Bauern im Bauernkrieg von 1525, in dem Oberschwaben einer der Hauptschauplätze war, belegt und anschaulich dokumentiert sind.
Dr. Nikolaus Back, Leiter des Stadtarchivs Filderstadt und des FilderStadtMuseums, zeichnete die Entwicklungen der Revolution von 1848/49 in Oberschwaben nach: Nach einem langen Reformstau im Vormärz überstürzten sich im März 1848 die Ereignisse. Auch in Oberschwaben kam es in dieser Zeit zu zahlreichen politischen Versammlun-gen und teilweise zu Unruhen. Die Politisierung 1848/49 erreichte auch die Kleinstädte und ländlichen Gebiete. Seit der Aufhebung der Zensur erlebten Zeitungen einen Aufschwung; politische Vereine wurden gegründet, die aufmerksam das politische Geschehen verfolgten. Dr. Back resümierte, dass Oberschwaben aber trotz der Niederlage der Revolution von 1848/49 neben deren langfristig wirkenden Errungenschaften in Form der Grund- und Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaat zunächst wenigstens ein bedeutsamer Erfolg blieb: die Ablösung von Zehnt und Grundherrschaften.
Ergänzend zu Dr. Backs Vortrag zeigte Karl Schweizer, Lokalhistoriker in Lindau und Herausgeber der Edition Inseltor Lindau, anhand einer Fallstudie wie sich die Bürgerrevolution von 1848 bis 1849 in Stadt und Landkreis Lindau entwickelte. Bemerkenswert war dort insbesondere der Wechsel der Akteure: Zunächst vorangetrieben von der bürgerlichen Oberschicht, unterstützten die Gründung eines Lindauer Märzvereins im Frühjar 1849 vor allem die kleinbürgerlichen Handwerker der Stadt. Daneben wurden auch Rufe nach Gleichberechtigung für Juden und Jüdinnen laut und es wurde auf die Lage der Arbeiterschaft aufmerksam gemacht.
Elmar L. Kuhn, von 1979 bis 2009 Kreisarchivar und Leiter des Kulturamtes Bodenseekreis sowie Vorsitzender der Gesellschaft Oberschwaben von 2010 bis 2014, beleuchtete in seinem Vortrag den Verlauf der Revolution von 1918/19 in Oberschwaben, das Wirken der Räte und das Verhalten der Arbeiter, der kommunalen Verwaltungen, der Bürger, Bauern und Soldaten.
In Oberschwaben avancierte trotz der Dominanz der konservativen politischen Kräfte vor dem Ersten Weltkrieg 1918 in erster Linie Friedrichshafen zur "Hochburg des revolutionären Vortrupps". Denn hier wurden am frühesten im Reich revolutionäre Forderungen erhoben und wurde einer der ersten Arbeiterräte gewählt. In den anderen oberschwäbischen Städten - Ravensburg, Riedlingen, Leutkirch, Wangen und Waldsee - habe dies länger gedauert, wobei dies im Wesentlichen von der Stärke der Arbeiterschaft in den Oberämtern und Städten abhängig gewesen sei. Und er resümierte, dass die Revolution im Ergebnis vor allem Enttäuschung und Unzufriedenheit hinterlassen habe: bei der Arbeiterschaft, weil sie mehr Reformen erwartet hatte, bei der Bürger- und Bauernschaft, weil sie zwar Frieden, aber keine Republik wollten.
In seinem Vortrag reflektierte der Leiter des Kulturamtes Bodenseekreis, Dr. Stefan Feucht, die "Mythenbildung" um die Ereignisse des Jahres 1968, ausgehend von der Annahme, dass „68“ nicht nur ein Phänomen der Großstädte war, sondern eine gesellschaftsverändernde Wirkung ebenso von der Provinz ausging. Beispielhaft nahm er dazu die Region Bodensee-Oberschwaben in den Blick.
Im Anschluss an den Vortrag diskutierte Dr. Stefan Feucht angeregt über die Folgen der Ereignisse von 1968 für die Region,
aber auch die Frage, was aus den Ideen von damals geworden ist mit den Protagonist*innen von damals.
An der Podiumsdiskussion beteiligt waren die Zeitzeug*innen Minister a. D. Ulrich Müller MdL, der 1968 hochschulpolitisch im RCDS Tübingen, aktiv war, Christa Lauber, die 1968 im Umfeld der Biberacher A.P.O. wirkte, Jürgen Leipold, der sich 1968 in Konstanz inner- und außerparlamentarisch engagierte, und Alexander Plappert, 1968 Gymnasiast und Aktivist in Überlingen. Moderiert wurde die Diskussionrunde von Prof. Dr. Dietmar Schiersner, Direktor des Zentrums für Regionalität und Schulgeschichte (ZeReS) an der Pädagogischen Hochschule Weingarten.
Prof. Dr. Ulrich Schmid, Slawist und Professor für Kultur und Geschicht Russlands an der Universität St. Gallen, reflektierte in seinem Vortrag die Repräsentationen der Revolution in der gegenwärtigen Erinnerungskultur wie auch die Rolle der Revolution in der aktuellen russischen Geschichtspolitik. Er zeigte auf, dass und welche langfristigen Folgen die Russische Revolution von 1917 zeitigte und welche ihrer Nachwirkungen noch immer in der gegenwärtigen Gesellschaft, Politik und Kultur spürbar sind.